Wie gute IK die notwendige Wandlungsfähigkeit von Unternehmen herbeiführt und was das für künftige Kommunikationsmanager heisst

Firmen und Organisationen stehen unter ständig steigendem Veränderungsdruck. Dieser kann nur bewältigt werden, wenn sich die Unternehmen zu agilen und resilienten Organisationen entwickeln.  Entscheidend sind Mitarbeitende mit mehr Widerstandsfähigkeit und Toleranz gegenüber Störungen und Neuerungen. Wie diese Entwicklung gelingt und weshalb als Konsequenz die Interne Kommunikation ein integraler Bestandteil des General Managements werden muss, lesen Sie in diesem Beitrag.

von Joachim Tillessen, Fachhochschule Nordwestschweiz und Leiter Fachrat SVIK

Die interne Kommunikation (IK) fristet oft ein Mauerblümchen-Dasein und beschränkt sich zu sehr auf journalistische Aufgaben, so Ulrike Buchholz in ihrem Beitrag in „Interne Kommunikation im Wandel“ (siehe Quelle am Schluss). Sie stellt weiter fest: Die IK folgt in Bezug auf ihre Funktion und Zielsetzung immer den sich mit der Zeit ändernden Anliegen der Unternehmensführung.

Diesbezüglich wird künftig  noch mehr die Wandlungsfähigkeit der Unternehmen im Zentrum stehen.  Dynamische Umfelder führen zu schwer prognostizierbaren, rasch ändernden Marktanforderungen. Entsprechend ergeben sich im Innern einer Organisation vermehrt komplexe Koordinationsansprüche, die nur mit Wissen und raschem Lernen bewältigbar sind.

Die IK wird ihren Beitrag dazu und damit zur Mobilisierung von Leistungsreserven in einer Organisation beitragen müssen. Dies wird aber nur gelingen, wenn die Organisation und ihre Prozesse flexibler werden und die IK die Menschen bzw. deren Bedürfnisse im Wandel noch stärker in den Mittelpunkt stellt.

Es ist immer schwieriger, Wandel und Transformation zu planen. Gefragt sind daher agil funktionierende Organisationen, in denen Managemententscheide prinzipiell revidierbar sind und sich die Prozesse selbstorganisatorisch weiterentwickeln. Dies bedingt eine konzeptionelle Weiterentwicklung der IK, welche die Mitarbeitenden dabei unterstützt, den Wandel zu beherrschen bzw. mitzugestalten.

Denn jetzt werden (1) bekannte  Organisationsstrukturen  vertikal und horizontal unklarer, (2) die Arbeitsprozesse variantenreicher und in offenen Netzwerkstrukturen geführt und (3) die Strategieentwicklungen verstärkt von unten erfolgen (Graswurzelansatz).

Entsprechend muss die Aktualität des Wissens noch grösser und die Unternehmensstrukturen bzw. die Mitarbeitenden sollten noch flexibler werden. Das aber belastet, macht Angst und lähmt.

In dieser Situation sollten die Unternehmen Ihr Führungs- und Kommunikations-Verhalten so ausrichten, dass die Mitarbeitenden den Wandel gelassener nehmen können, weil sie wissen, dass sie auch in stürmischen Zeiten die Geschäftsziele verfolgen und erreichen können. Dies gelingt, wenn eine Organisation (1) sich strukturell laufend und ausreichend anpasst, (2) mögliche Entwicklungen und deren Eintrittswahrscheinlichkeit sowie Auswirkung auf das Unternehmen abschätzen kann und (3) dank besonders flexibler Reaktion darauf robust bleibt.

Diesbezüglich ist vor allem entscheidend, die internen und externen Abhängigkeiten und Verbindungen, sowie ihre Belastbarkeit in Krisen und die sie gestaltende Kommunikation in den Griff zu bekommen. Gelingt diese Entwicklung hin zu einer  resilienten Organisation, werden negative Folgen für das Unternehmen aus Störungen und Krisen verhindert.

Basis dafür ist eine transformationale Führung und eine sie kräftig unterstützende IK.  Die IK hat in diesem Kontext zur Aufgabe, das Bewusstsein und das Verhalten der Menschen zu verändern und zu einer Innovationskultur beizutragen. Sie erreicht dies mithilfe (1) einer grossen Motivation zu Höchstleistung und (2) der Bereitschaft der Mitarbeitenden zu Kollaboration. Das gelingt nur  mit Wertschätzung, sinnstiftenden Zielen und mit einer Befähigung zur Zusammenarbeit, also mit dem  Wissen und der Einstellung der Mitarbeitenden.  Und das sind die Ansatzpunkte für das IK-Management:

Die IK soll dafür sorgen, dass eine Organisation (1) ein Bewusstsein dafür entwickelt, dass Veränderungen  Chancen darstellen, aber wachsam wahrzunehmen sind und entsprechende Routinen dafür anlegt, (2) Resilienzwissen aufbaut und (3) stetig bereit ist, Störungen durch Flexibilität in den Prozessen zu begegnen (siehe oben).

Die IK wird dadurch gewissermassen zum Teil der Infrastruktur. Sie wird zur Betreiberin von flexiblen Strukturen, mit der Eigenschaft, dass Richtungswechsel rasch vollzogen werden können und die Organisation auch mit Widersprüchlichkeiten umgehen bzw. rasch Handlungsalternative abrufen kann. Darauf begründet  sich die starke Stellung der IK innerhalb der Organisation und des General Management.  

Diesen Forderungen stehen oft zentrale Strukturen im Wege. Sie können das wettbewerbsentscheidende Tempo reduzieren oder wettbewerbsunterstützendes, dezentrales Wissen ausblenden. Gefragt sind also dezentrale Strukturen, die grosse Investitionen und Anstrengungen für die Integration aller Potenziale benötigen, um Redundanzen zu vermeiden und alle Mitarbeitenden in einem Unternehmen auf das grosse Ganze zu verpflichten.

Der Schlüssel: integrierte Kommunikation, die situations-adäquat oszilliert zwischen (1) Hierarchisierung/innovativen Netzwerken, (2) Zentralisierung / Dezentralisierung und (3) Globalisierung/Lokalisierung.

Diese Fähigkeit ist im Wandel und vor allem im Fall von Krisen entscheidend. Ein möglicher Ansatz: Herausforderungen nach unten delegieren, Fachwissen und Expertise spielen lassen und selbständiges Vorgehen ermöglichen. Damit werden Mitarbeitende noch mehr zu Problemlösern, auch weil Projekte oft bereichsübergreifend sind.

Dazu gehört aber auch die Befähigung der Mitarbeitenden, eigenständig und kooperativ auf der Basis gemeinsamer Werte und Prinzipien im Sinne der Unternehmensziele zu handeln sowie moderne Kommunikationstools, welche die Information, Partizipation und Kollaboration erleichtern.

Silodenken steht dieser Befähigung oft im Wege. Und auch hier liefert die IK mit einer transparenten, ehrlichen und wirksamen Kommunikation entscheidende Beiträge. Sie kann die Überzeugung vermitteln, dass interne und externe Quellen kostbar sind, wenn sie systematisch erhoben und zu Wissen verarbeitet werden. Sie kann durch den Austausch von guten und schlechten Nachrichten auf allen Ebenen und mit einer guten Verbindung zum Führungssystem dafür sorgen, dass eine Organisation robuster wird und sich die Mitarbeitenden gelassener auf Neues einlassen können.

In diesem Kontext ist genügend Hintergrundinfo besonders wichtig, damit (1) die Mitarbeitenden über den Tellerrand hinaus sehen (2) Zusammenhänge verstehen und (3) zur Not auch andere Aufgaben übernehmen können. Dadurch fühlt sich der Mitarbeitende fest eingebunden, weil er die Verbindung seiner Arbeit mit der Resilienz und des eigenen langfristigen Erfolges begreift.  Die dadurch mögliche Agilität ist also im Wesen einer Organisation begründet und nicht so sehr in deren Aktivitäten. Eine entsprechende Unternehmenskultur zeichnet sich dadurch aus, dass (1) das Wissen, (2) die Kreativität, (3) die Transparenz und (4) die interne Kommunikation im Zentrum stehen.

Die Führungskräfte werden bei dieser Entwicklung zu Moderatoren und Orientierungsanker und benötigen hierfür Unterstützung von der IK: (1) wie werden weitgehend hierarchiefreie horizontale Kommunikations-Architekturen angelegt und betrieben? (2) wie wird Unternehmenswissen aufgebaut und wie ist es rasch abrufbar, und (3) wie wird soziale Vielfalt zum Wertschöpfungsfaktor?

Für die Kommunikationsmanager von morgen bedeuten diese Entwicklungen die Aneignung von Wissen in den Bereichen BWL, IT, Soziologie, Psychologie, Linguistik.

Nur auf der Basis von Kompetenzen, die über das Kommunikationsmanagement im engeren Sinne hinausreichen, können Kommunikations-Manager genügend Leistungen in Bezug auf Themen wie Veränderungskommunikation und Innovationsmanagement erbringen.

Erfolgt diese Entwicklung nicht, bleibt die IK – wie Ulrike Buchholz festhält – in ihrer freiwillig gewählten journalistischen Aufgabe hängen und fristet weiterhin ein Mauerblümchendasein.

Quelle:

Ulrike-Buchholz: „Auf dem Weg vom Mauerblümchen zum integralen Bestandteil des General Management“ in: Simone Huck-Sandhu „Interne Kommunikation im Wandel“, Springer VS, Wiesbaden 2016, ISBN:978-3-658-11021-5